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Neues Bestattungsgesetz in Rheinland-Pfalz: Urne zu Hause, Asche im Fluss – was jetzt wirklich gilt

  • Berger, Susanne
  • vor 2 Tagen
  • 5 Min. Lesezeit

Neues Bestattungsgesetz in Rheinland-Pfalz: Urne zu Hause, Asche im Fluss – was jetzt wirklich gilt



Rheinland-Pfalz hat im Herbst 2025 das liberalste Bestattungsgesetz Deutschlands in Kraft gesetzt. Damit sind erstmals in einem Flächenbundesland Dinge möglich, die bislang rechtlich tabu waren: die Aufbewahrung der Urne in der eigenen Wohnung, das Verstreuen von Asche im eigenen Garten und Flussbestattungen etwa auf Rhein, Mosel, Saar und Lahn.


Gleichzeitig gilt: Diese Reform ist kein bundesweites Gesetz, sondern eine Landesregelung für Rheinland-Pfalz. In den meisten anderen Bundesländern bestehen weiterhin strenge Vorschriften zum Friedhofszwang.


Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Maßgeblich sind stets der Gesetzeswortlaut, die Ausführungsverordnungen und die Auslegung durch die zuständigen Behörden.





1. Ausgangslage: Friedhofszwang in Deutschland



Die Bestattungsgesetze werden in Deutschland von den Bundesländern erlassen. Zentraler Baustein ist bislang nahezu überall die Friedhofspflicht (Friedhofszwang):

Verstorbene müssen grundsätzlich auf einem Friedhof oder einer sonst ausdrücklich zugelassenen Beisetzungsfläche bestattet werden.


Für Urnen galt bisher in nahezu allen Ländern:


  • Aufbewahrung der Urne zu Hause: grundsätzlich unzulässig

  • Verstreuen der Asche auf Privatgrundstücken: nur in einzelnen Ausnahmen (z. B. Bremen) erlaubt

  • Alternative Orte (See- oder Naturbestattung): nur auf eigens dafür genehmigten Flächen und stets unter Einbindung eines Bestatters



Vor diesem Hintergrund ist die Reform in Rheinland-Pfalz rechtspolitisch ein deutlicher Schritt in Richtung größerer Selbstbestimmung der Verstorbenen und ihrer Angehörigen.





2. Was ändert sich konkret in Rheinland-Pfalz?



Das neue Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz (BestG) ist seit dem 27. September 2025 in Kraft und modernisiert ein rund 40 Jahre altes Regelwerk.

Die wichtigsten Neuerungen:



2.1 Urne zu Hause aufbewahren



Angehörige können die Urne eines Verstorbenen künftig unter bestimmten Voraussetzungen im eigenen Wohnraum aufbewahren.


Wesentliche Eckpunkte:


  • Schriftlicher Wille des Verstorbenen: Der Wunsch, dass die Urne ausgehändigt oder die Asche außerhalb des Friedhofs beigesetzt werden soll, muss zu Lebzeiten schriftlich festgelegt worden sein (z. B. in einer Bestattungsverfügung).

  • Letzter Hauptwohnsitz in Rheinland-Pfalz: Die neuen Möglichkeiten gelten nur für Verstorbene, deren letzter Hauptwohnsitz in Rheinland-Pfalz lag.

  • Behördliche Genehmigung: Die Aushändigung der Urne an Privatpersonen ist genehmigungspflichtig. Die Urne ist „sicher und würdevoll“ zu verwahren; eine Aufbewahrung in beliebigen Kontexten ist damit gerade nicht gemeint.



Wichtig ist eine Differenzierung, die in der fachlichen Diskussion betont wird:

Die ausgehändigte Ascheurne darf nach derzeitigen Hinweisen nicht einfach im Garten bestattet werden; sie ist im häuslichen Bereich an einem pietätvollen Ort aufzubewahren. Das Gesetz sieht parallel das „Ausbringen der Asche“ (Verstreuen oder Vergraben ohne Urne) als separate Beisetzungsform vor.



2.2 Asche im eigenen Garten



Neu ist außerdem die Möglichkeit, die Asche auf dem eigenen Grundstück beizusetzen oder zu verstreuen, etwa „unter dem heimischen Apfelbaum“.


Auch hier gelten strenge Voraussetzungen:


  • Schriftliche Willenserklärung des Verstorbenen

  • Geeignete und würdige Örtlichkeit (kein beliebiger „Abstellort“)

  • Einhaltung naturschutz-, wasser- und bauordnungsrechtlicher Vorgaben

  • In Einzelfällen kann eine zusätzliche behördliche Genehmigung erforderlich sein (z. B. aus wasserrechtlichen Gründen).



Die Details werden in der Praxis stark davon abhängen, wie die zuständigen Behörden (Kommunen, Gesundheitsämter, obere Landesbehörden) die unbestimmten Rechtsbegriffe handhaben und welche Anforderungen sie im Einzelfall stellen.



2.3 Flussbestattungen auf Rhein, Mosel, Lahn und Saar



Eine der sichtbarsten Neuerungen ist die Zulassung von Flussbestattungen in ausgewählten Flüssen: Rhein, Mosel, Lahn und Saar.


Rahmenbedingungen:


  • Beisetzung erfolgt von einem Schiff aus, nicht von Ufer, Brücken oder Stegen.

  • Verwendung einer sofort wasserlöslichen Urne, etwa aus Zellulose oder vergleichbaren Materialien.

  • Durchführung ausschließlich durch Bestatterinnen und Bestatter mit entsprechender Genehmigung.

  • Nutzung nur bestimmter, behördlich festgelegter Flussabschnitte; die konkreten Koordinaten werden in Durchführungsverordnungen bzw. Einzelgenehmigungen näher bestimmt.



Auch hier gilt: Das bloße Verstreuen der Asche vom Schiff aus ohne Urne ist ausdrücklich nicht vorgesehen und kann wasserrechtliche Erlaubnispflichten auslösen.



2.4 Weitere neue Bestattungsformen



Das rheinland-pfälzische Gesetz geht noch weiter und erlaubt u. a.:


  • Abschaffung der strikten Sargpflicht: Tuch- und andere alternative Bestattungen (z. B. Reerdigung/Humusbestattung) werden zugelassen.

  • Teilung der Asche: Die bisherige „Unteilbarkeit“ der Asche wird gelockert; Teile der Asche dürfen z. B. für die Herstellung von Erinnerungsdiamanten verwendet werden.

  • Erinnerungsschmuck aus Asche (Diamantbestattung) wird ausdrücklich ermöglicht.

  • Regelung von „Sternenkindern“: Totgeborene Kinder unterhalb bestimmter medizinischer Grenzen erhalten einen klar definierten Status, der eine würdige Bestattung erlaubt.






3. Was gilt im übrigen Bundesgebiet?



Wichtig für die Einordnung: Das neue Gesetz gilt nur in Rheinland-Pfalz. Die übrigen Bundesländer halten überwiegend am klassischen Friedhofszwang fest.


Überblick:


  • Mehrheit der Länder: Beisetzung grundsätzlich auf Friedhöfen oder speziell gewidmeten Flächen; Urne zu Hause und Asche im Privatgarten sind in aller Regel unzulässig.

  • Bremen: Sonderweg seit 2015; unter bestimmten Voraussetzungen kann Asche auf Privatgrundstücken verstreut werden, ohne dass dabei eine Urne dauerhaft zu Hause aufbewahrt wird.

  • Bayern: Besonders strenge Linie; teilweise nicht einmal Aschestreufelder auf Friedhöfen erlaubt.



Die Reform in Rheinland-Pfalz wird bundesweit diskutiert und könnte mittel- bis langfristig ein Signal für weitere Länder sein. Kurzfristig bleibt die Rechtslage jedoch stark föderal geprägt.





4. Chancen und Risiken aus Sicht von Angehörigen, Kommunen und Bestattern




4.1 Für Angehörige



Vorteile:


  • Größere Gestaltungsfreiheit beim Abschied (Urne im häuslichen Umfeld, sehr persönliche Orte wie der eigene Garten oder ein vertrauter Fluss).

  • Stärkere Orientierung an individuellen Lebensentwürfen und Biografien (z. B. für Menschen mit starkem Bezug zum Rhein oder zur Natur).



Herausforderungen:


  • Höhere Verantwortung: Wer eine Urne zu Hause aufbewahrt, trägt die Pflicht zu würdigem Umgang, sicherer Verwahrung und – irgendwann – zur Regelung der „endgültigen“ Beisetzung (z. B. bei Umzug oder Erbfall).

  • Mögliche familiäre Konflikte darüber, wer die Urne erhält oder wie mit der Asche umzugehen ist.




4.2 Für Kommunen und Friedhofsträger



Kommunen befürchten Einbußen für Friedhöfe und einen Bedeutungsverlust klassischer Grabkultur.


Mögliche Folgen:


  • Rückgang klassischer Grabstätten

  • Finanzielle Belastung kommunaler Friedhofsbetriebe

  • Notwendigkeit, Friedhöfe konzeptionell stärker als Orte der Kultur, Erinnerung und öffentlichen Trauer zu profilieren




4.3 Für Bestatter



Für Bestatter in Rheinland-Pfalz ergeben sich sowohl neue Geschäftsfelder als auch zusätzliche Anforderungen:


  • Beratung zu rechtlich zulässigen, aber erklärungsbedürftigen Bestattungsformen (Flussbestattung, Asche im Garten, Urne zu Hause, Diamantbestattung)

  • Organisation und Durchführung von Flussbestattungen inklusive Kooperation mit Schifffahrtsunternehmen

  • Dokumentation der Willenserklärungen, Aufklärung über Folgen und Pflichten der privaten Urnenaufbewahrung

  • Schnittstellen zu Behörden, etwa bei Genehmigungsverfahren oder der Klärung von Einzelfragen






5. Was bedeutet das in der Praxis?



Für die Praxis lassen sich einige Leitsätze formulieren:


  1. Bundesweit gibt es kein einheitliches „neues Bestattungsgesetz“.


    Die erwähnten Möglichkeiten (Urne zu Hause, Asche im Fluss) gelten derzeit in dieser Form im Wesentlichen in Rheinland-Pfalz und – in anderer Ausgestaltung – teilweise in Bremen.

  2. Im Zweifel gilt: Sitz des Verstorbenen ist entscheidend.


    Ob die liberalen Regelungen in Anspruch genommen werden können, hängt maßgeblich vom letzten Hauptwohnsitz des Verstorbenen ab.

  3. Schriftliche Vorsorge ist unverzichtbar.


    Ohne klare schriftliche Erklärung des Verstorbenen sind die erweiterten Bestattungsformen nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzbar.

  4. Ohne Bestatter und Behörden geht es nicht.


    Flussbestattungen und die Aushändigung einer Urne setzen in der Regel eine enge Zusammenarbeit mit Bestattern und Genehmigungsbehörden voraus.






6. Fazit



Das neue Bestattungsgesetz in Rheinland-Pfalz markiert einen Paradigmenwechsel im deutschen Bestattungsrecht: Erstmals können Angehörige – unter engen Voraussetzungen – eine Urne zu Hause aufbewahren, Asche im eigenen Garten beisetzen und Flussbestattungen auf großen Flüssen durchführen lassen.


Gleichzeitig bleibt die Rechtslage komplex und föderal. Wer die neuen Möglichkeiten nutzen möchte, sollte:


  • den letzten Wohnsitz und die zuständigen Landesvorschriften prüfen,

  • frühzeitig eine juristisch saubere Bestattungsverfügung verfassen und

  • sich von einem fachkundigen Bestatter und – bei schwierigen Konstellationen – von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten lassen.

    ree
 
 
 

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